Granny Chic – eine Ode an die Nostalgie

Man nehme Großmutters Porzellan, platziere es in einer von floral gemusterter Tapete dominierten Kulisse und erhalte: pure Nostalgie. Und diese Grandmillennial Style Nostalgie erobert derzeit als Granny Chic das Interior Design.

Trends sind ein ganz eigenes Phänomen. Sie kommen und gehen. Und selbst Trends, von denen man gedacht (oder gehofft) hatte, sie würden nicht zurückkommen, kommen Jahrzehnte später oft wieder zum Vorschein – man denke etwa an Gürteltaschen oder Plateausohlen. Und ein Designtrend, von dem man wohl am wenigsten geglaubt hätte, dass er noch mal wieder in Mode kommt, ist: Großmutters Wohnzimmer.
Granny Chic – eine Ode an die Nostalgie
Nun ist es nur so, dass die Großelterngeneration ein Faible für eher kräftige, dunkle Farben und Möbel, bevorzugt aus Massivholz, hatte. Die meisten Menschen heutzutage mögen´s gerne heller, friedlicher und generell etwas luftiger, wenn es um die Gestaltung von Wänden und Einrichtung geht. Dieser scheinbare Widerspruch ist genau das, was den Granny Chic, wie der Grandmillenial Style auch genannt wird, ausmacht. Dieser Einrichtungsstil stellt eine Art Gegengewicht dar zu den modernen Looks, die vor allem durch viel Weiß und minimalistisches Design geprägt sind.

Jede Generation rebelliert auf ihre Weise gegen die vorangegangene. Und die Millennials, die jetzt ihre Wohnungen einrichten, möchten sich eben vom Einrichtungsstil ihrer Eltern absetzen und greifen auf die heimeligen Elemente aus dem großelterlichen Haushalt zurück. Man könnte den Granny Chic sozusagen als Rebellion gegen die monochromen, fast schon sterilen, Katalog-ähnlichen Einrichtungen bezeichnet, in der die Millennialgeneration aufgewachsen ist. Dieser Rückbesinnung auf Großmutters Interior-Style durch die heutige Generation 30+ verdankt dieser Einrichtungsstil seinen Namen, bei dem zwei Generationen miteinander verschmelzen: Großmütter und Millennials eben. Anzunehmen, dass der Grandmillennial Style ein bloße Kopie seiner Inspirationsquelle sei, trifft den Kern jedoch auch nicht.

Was macht den Granny Chic aus?

Der wesentliche Kern dieses Designstils ist, dass er ziemlich genau die Mitte aus Minimalismus und Maximalismus abbildet. Er bildet eine Art Gegenüberstellung aus Tradition und Moderne ab. So etwa florale Polster und Wohntextilien, Bordüren und Zierleisten, Fransen und Quasten, die aber in monochromen oder analogen, tendenziell erdigen Farbtönen gehalten sind.

Ein Hauptaugenmerk des Grandmillennial Styles sind großflächige Muster und strukturreiche Gewebe, die auch gerne in einer großzügigen Dosis Einzug halten dürfen. Traditionelle Stilelemente wie runde Tische mit bodenlangen Tischdecken, gemusterte Polster, florale Tapeten und üppig gebeizte Holzmöbel treffen beim Granny Chic auf moderne Elemente aus dem 21. Jahrhundert. So wird dem etwas biederen Look der Kitsch genommen, ohne ihm seinen nostalgischen Faktor und Komfort zu rauben.
Grandmillennial Style
Für einen authentischen Grandmillennial Style dürfen Textilien und Stoffe wie Toile, Chintz und Wolle (z.B. Plaids) in der Einrichtung nicht fehlen. Die klassischen Elemente wie großformatige, florale Dekors finden sich sowohl auf den Heimtextilien, den Polstern, als auch auf den Vorhängen und in der Wandgestaltung wieder. Verzierungen wie Rüschen, Falten und Fransen gehören ebenfalls zu den typischen Elementen der alten Schule. Antike Möbel aus dunkel gebeiztem Massivholz verleihen den Zimmern einen historischen Touch, der durch abstrakte Kunstdrucke oder metallische Akzente aufgebrochen und modernisiert werden kann.

Bei aller Würdigung des Einrichtungsgeschmacks der Großeltern, übt der Granny Chic doch ein bisschen mehr Zurückhaltung. Wer etwa florale Muster auf Vorhängen sehr präsent im Raum platziert, verzichtet darauf, dieses Design überall wieder aufzugreifen – an den Wänden, Vorhängen, Tagesdecken, Stühlen, Tischdecken, Kissenbezügen. So wird vermieden, dass das Zimmer überladen wirkt.

Es wäre falsch zu behaupten, bei diesem Einrichtungsstil ginge es um Alter oder Altes. Er ist davon inspiriert, das ja, aber vorrangig geht es darum, mit dem Granny Chic nicht zwangsläufig einer Epoche zu huldigen, sondern der Erinnerung. Beim Grandmillennial Style ist Individualität gefragt: Welches Möbel, welches Muster erinnert an die guten Zeiten bei Oma Zuhause? Es geht auch nicht um Ironie, sondern darum, seinem Umfeld etwas mehr Tiefe zu verleihen. Granny Chic will die schönen, hübschen Elemente der persönlichen Vergangenheit in die Moderne einfließen lassen und ihr so etwas Vertrautes, Tröstendes, eine gewisse Stabilität geben.

Wie gelingt der Grandmillennial Style?

Antikmöbel, die ja doch ein Kernelement dieses Einrichtungstrends sind, können ins Geld gehen. Aber man kann den Granny Chic auch budgetfreundlich im Wohnzimmer und Schlafzimmer realisieren. Wer irgendwo noch ein Erbstück herumstehen hat oder ab und zu mal auf Floh- und Antikmärkte geht, kann bestimmt ein Schnäppchen ergattern. Außerdem besteht der große Clou des Grandmillennial Styles ja darin, dass nicht die gesamte Einrichtung antik und massiv sein muss – in Sachen Budget ein echter Vorteil. So reicht es vollkommen aus, etwa ein zentrales Möbelstück (ein Büffet oder einen Schminktisch, zum Beispiel) aus dem 20. Jahrhundert zu platzieren.
Einrichtungsstil Granny Chic
Der Granny Chic funktioniert ja gerade deshalb, weil er klassische und moderne Elemente miteinander verbindet. Erst dadurch wirkt er überhaupt so zeitlos, statt antiquiert und muffig. Es ist also sowieso eine gute Idee, beim Einrichten im Grandmillennial Stil sehr wählerisch zu sein. Durch die vielen Zierelemente und Muster sieht zu viel Dekor nämlich schnell unordentlich und altbacken aus. Mutige Muster und auffällige Designs sind also vollkommen okay, sie sollten sich farblich aber in einem recht eng gesteckten Rahmen bewegen. Das verleiht Konsistenz und Gemütlichkeit, statt optischer Reizüberflutung und Chaos.

Einen weiteren Reiz erhält der Granny Chic durch seine Lebendigkeit und Evolutionsfähigkeit. Es ist kein Einrichtungsstil, den man, einmal umgesetzt, unberührt lässt. Im Gegenteil. Jederzeit können kleine Elemente hinzukommen oder entfernt werden. Ob das ein Spiegel ist, ein Bilderrahmen, Dekorationsaccessoire, eine Lampe oder auch das ein oder andere Beistellmöbel – der Grandmillennial Style erlaubt es, jederzeit Anpassungen und Ergänzungen vorzunehmen. Eine Einrichtung in diesem Stil ist also immer unfertig, ohne dabei jemals unfertig auszusehen.

Worin unterscheidet sich Granny Chic von Shabby Chic?

Granny Chic unterscheidet sich von anderen Vintage- und Retro-Dekors insofern, als dass es hier darum geht, Gegenstände in ihrer Ursprünglichkeit in die Einrichtung zu integrieren. Auf diese Art wird den alten Werten in gewisser Weise Tribut gezollt. In dieser Hinsicht hat Granny Chic ein bisschen was mit Shabby Chic gemeinsam – etwa, weil bei beiden antike Möbel ein wichtiges Designelement darstellen.
Granny Chic - Grandmillennial Style
Der Unterschied ist, dass Shabby Chic sehr viel Wert auf Romantik und Verspieltheit legt. Das drückt sich vor allem in saften Pastelltönen, zarter Spitze, grazilen, floralen Mustern und bewusst schüttern gehaltenen oder weiß getünchten Möbeln aus. Granny Chic drückt sich indes vielmehr in einem von Gemütlich geprägtem Look aus, bei dem es mehr um das individuelle Gefühl von Geborgenheit und persönlichen Geschmack geht, als um Stiltrends.

Im Grandmillennial Style werden botanische Motive und derbere, oftmals handgemachte Textilien eingesetzt, oftmals gepaart übertriebene Muster, kurioser Nippes und vielseitige Sammlungen bewusst nicht aufeinander abgestimmte Gegenstände, deren Designs, Farben und Muster sich bisweilen sogar widersprüchlich gegenüberstehen.


Fotos von www.mindtheg.com


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