Mariantonia Urru – Teppichtradition aus Sardinien

In einem kleinen Ort im Südwesten Sardiniens nimmt die Geschichte der Teppichmanufaktur Mariantonia Urru ihren Anfang. Samugheo, das liegt etwas außerhalb von Oristano. Von dort aus ist es wenig mehr als eine Stunde bis nach Cagliari – früher Handelszentrum des Südteils der Insel, heute beliebtes Urlaubsziel bei Kreuzfahrtgästen und Touristen aus aller Welt.

1981 gründete die Namensgeberin Mariantonia Urru ihre eigene Werkstatt in diesem 3.000-Seelenort, der 2017 auf der Domotex ausgewählte, handgefertigte Teppiche vorstellte, von denen einer für den Carpet Design Award nominiert war. Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal der familiären Teppichmanufaktur ist, dass sie als einziges, auf der Domotex vertretenes Unternehmen, ihre Teppiche ausschließlich in Europa fertigen lassen. Damit leistet Mariantonia Urru nicht nur einen Beitrag zur Familientradition. Hier stehen außerdem auch Punkte wie Klimabilanz, überschaubare Supply Chains und qualitative Verarbeitung im Vordergrund.
Mariantonia Urru Teppichtradition aus Sardinien

Sardisches Lebensgefühl in jedem Teppich

Die Teppiche von Mariantonia Urru bestechen durch einfallsreiches Design und traditionelle Fertigungstechniken. Ganz der sardischen Kultur und Handwerkskunst verbunden, kommen in der Manufaktur in Samugheo überlieferte Knüpf- und Webtechniken zum Einsatz. So finden sich in den Teppichmotiven oft Reliefstrukturen, die in einer für Sardinien klassischen Webart hergestellt werden, die Pibiones heißt. Deutsche Übersetzung? Gibt es nicht. Ein weiterer Beweis dafür, dass man sich bei Mariantonia Urru ganz der landestypischen Verfahren bedient.

Andere Webtechniken gerieten fast in Vergessenheit, bis das Team bei Mariantonia Urru sie wiederentdeckte. Herstellungsmethoden wie Litzos, Un In Dente und Aramu wurden so vor einem Schicksal bewahrt, dem schon so manche kulturelle Tradition zum Opfer gefallen ist. Der Familienbetrieb ist völlig zurecht genau darauf besonders stolz. Doch das Traditionsbewusstsein der Sarden hört nicht bei der Fertigung ihrer Teppiche auf. Vielmehr findet es hier nur seinen Anfang und reicht bis in die Motiventwürfe und Designfindung hinein.

Moderne Designs mit optimalem Materialeinsatz

Sardinien ist als Insel rundum von Wasser umgeben. Das Meer ist Lebensgrundlage und Lebenseinstellung gleichermaßen. Es prägt das sardische Selbstverständnis. Kein Wunder also, dass in die Teppichgestaltung von Mariantonia Urru auch dieser Aspekt mit einfließt. Er schlägt sich nieder in Design und Farbwahl. Das gilt auch für die Flora und Fauna der lange als karges Ödland verrufenen Insel. Das beste Beispiel hierfür sind die Kollektionen Cactus bzw. Fico d’India und Mediterraneo.
Kakteenmotiv von Designerin Paulina Herrera
Über das Kakteenmotiv sagen Designerin Paulina Herrera und Weber Giuseppe Demeles, es repräsentiere in Farbwahl und -anordnung, sowie durch die gewählten Webverfahren den Übergang vom Leben zum Tod bzw. eine durchlässige Grenze zwischen zwei Welten. In bestimmten Designs lösen sich diese Grenzen durch den Einsatz bestimmter Webtechniken gar auf und schaffen im nächsten Schritt ein anderes Motiv. „Die Grenzen verschwinden also,“ sagt Paulina Herrera.
Mariantonia Urru Cactus
Kein Wunder qualifizierte sich die Manufaktur der Sarden für die Vorauswahl im Carpet Design Award auf der Domotex. Die Verschmelzung aus Design und zur Interpretation passend gewählten Webverfahren, sowie die Verwendung ausschließlich natürlicher Fasern sicherte ihnen einen von drei Finalplätzen in der Kategorie „Bestes modernes Design Superior“. Hier werden vor allem die Kreativität und Feinheit des Designs sowie dessen Umsetzung bewertet.

Innovation und Tradition aus einer Hand

Dass Innovation und Tradition kein unvereinbarer Widerspruch sein müssen, beweist man bei Mariantonia Urru mit jedem Teppichdesign aufs Neue. Ganz im Gegenteil erlangen die modernen Designs durch die Herstellung in altbewährter Manier einen ganz eigenen Charakter und Charme. Der Familienbetrieb verschließt sich Fortschritt und neuem Input nicht. Stattdessen versteht man sich darauf, Inspiration und frischen Wind von außen in die heiligen Hallen der altehrwürdigen Familienwerkstatt zu lassen.
Teppichtradition aus Sardinien
Ob es sich dabei um Paulina Herrera handelt, die nach einem Auslandssemester nicht nach Südamerika zurückging, sondern jetzt mit chilenischem Esprit das Team um Mariantonia Urru bereichert. Oder ob es eine experimentelle Designkollaboration mit dem Architektenbüro PLS Design aus Florenz oder der Illustratorin Carolina Melis aus London ist. Das Sympathische an Mariantonia Urru ist die Experimentierfreude, die Bereitschaft, Wagnisse und Risiken einzugehen – über die Grenzen des eigentlichen Kunsthandwerkes hinaus.

Und dieser Mut, gepaart mit der Verbundenheit an die sardische Heimat und Kultur, lässt ganz besonders beeindruckende Teppichkreationen entstehen.


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